Essay – Faulenzen

2018-06-10

(Zur Info: Das Ding ist irgendwann im Deutschunterricht der Kursstufe bei Herrn Schmidt entstanden, eines der wenigen Male, dass ich die Hausaufgaben im Fach deutsch in diesen zwei Schuljahren erledigt habe. Bevor es verschüttgeht sichere ich es also hierhin.)

Wieso uns der innere Schweinehund im Leben verfolgt.

Welcher Schüler kennt diese Situation nicht: Es ist Freitagnachmittag, man hat es sich mit einem guten Buch und ausreichend Verpflegung für den Tag auf dem Sofa bequem gemacht und möchte diesen Platz für die nächsten Stunden nicht mehr verlassen. Auf dem Papier ist die Schulwoche bereits abgeschlossen, aber dann streifen die Gedanken doch noch einmal kurz zur Schule und die Störung kommt sofort: Da war ja noch ein Essay, das geschrieben werden sollte. Also verlässt man, mit dem inneren Schweinehund kämpfend seinen gemütlichen Platz und bewegt sich träge zu seinem Arbeitsplatz. Gibt es einen inneren Schweinehund? Und was ist überhaupt „faul sein“?

Woher kommt der innere Schweinehund?

Die Redewendung „den inneren Schweinehund [zu] überwinden“ gibt es im Deutschen schon seit dem 19. Jahrhundert. Der Begriff leitet sich aus dem damals noch im Sprachgebrauch üblicheren Sauhund ab. Die Aufgabe dieses Tieres war es bei der Jagd, Schweine, Rehe und andere Lebewesen zu hetzen und zu ermüden. Ob der Übergang zum Begriff „Schweinehund“ das Gegenteil vom energiegeladenen Jagen darstellen soll, oder ob sich die Bedeutung im müde-machen eines Tieres ergründet ist unklar. Fest steht, dass dieses deutsche Wort nicht ohne weiteres in andere Sprachen übertragen werden kann. Vor allem im ersten und zweiten Weltkrieg bekam die Floskel eine neue Bedeutung: Im militärischen Sprachgebrauch fest etabliert, wurde es häufig während anstrengenden Phasen verwendet, um die letzten Energiereserven der Soldaten abzurufen.

Prokrastination

Aber funktioniert dieses Aufrufen von letzten Kraftreserven überhaupt so? – Nein, zumindest bei mir nicht. Wenn ich mir selbst überlege, welche Projekte jetzt eigentlich angegangen werden müssten, die ich zum Beispiel schon lange vor mir herschiebe habe ich für einen kurzen Moment ein schlechtes Gewissen. – Das sollte ich eigentlich schon erledigen, denke ich mir da. Aber schon nach 10 Minuten lässt dieses Gefühl wieder nach und der Alltag geht weiter. – Aber den ganzen Tag zu Faulenzen ist auch kein richtig schönes Leben, man braucht doch auch mal Erfolgserlebnisse oder andere Dinge bei denen man Spaß haben kann – Dinge, die Spaß machen schiebt man ja auch nicht auf.

Was ist eigentlich Faulenzen?

Faulenzen, in der gehobenen Sprache auch als „Müßiggang“ bezeichnet, beschreibt aber nicht, wie eine Definition auf den ersten Blick vielleicht auf Papier gebracht werden würde, die Untätigkeit eines Menschen, sondern auch die Beschäftigung mit „leichten, vergnüglichen Tätigkeiten oder geistigen Genüssen“ (modifiziert nach Wikipedia). Um Faul zu sein muss man sich also nicht jeglicher körperlichen Aktivität entziehen sondern kann auch anderweitig entspannen, zum Beispiel beim Ansehen eines Filmes, Lesen eines Buches oder Besuchen eines Theaters. Die Aktivität „faul sein“ sollte auch biologisch nicht vernachlässigt werden: Immerhin verbringt ein Mensch einen guten Teil seiner Lebenszeit im schlafenden Zustand, einer besonders starken Form des Nichtstuns. Doch auch hier bleibt der Organismus nicht vollständig untätig. In seinem Inneren verarbeitet das Gehirn die Erfahrungen des Tages, der Muskelapparat entspannt und regeneriert sich von den Mühen des Tages.

Kreativität und Alltagsausgleich

In meinem normalen Schulalltag bin ich eigentlich einen Großteil des Tages beschäftigt. Sei es mit Schulunterricht, Hausaufgaben oder den Busfahrten von Zuhause in die Schule und zurück. Ruhephasen am Ende eines Tages nutze ich deshalb gerne zur Reflektion des erlebten: Was ist passiert, was war dabei gut, was schlecht, was lässt sich optimieren und was wird morgen geschehen? In diesen Phasen der Erholung und Entspannung bekommt auch die Kreativität einen neuen Platz: Hier entstehen neue Ideen und Inspirationen für Hobby- aber auch für Projekte in der Schule. Plötzlich eröffnet sich für die unlösbare Matheaufgabe doch noch ein möglicher Lösungsweg oder ich finde eine neue Idee für den Kunstunterricht. In solchen Momenten kann es auch sein, dass ich wieder aus der Reflektionsphase ausbreche. Aufstehe, um Stift und Papier zur Hand zu nehmen um den Geistesblitz für die Zukunft festzuhalten.

Finale.

Bevor ich das Essay hier abschließe, mein Buch in die Hand nehme und den Platz auf dem Sofa einnehme bietet sich an dieser Stelle ein kurzes Schlussplädoyer an. Moment, mal eben nachsehen, ob sich das Wort Plädoyer tatsächlich so schreibt – Tatsächlich, das stimmt so. Faulenzen ist also Situationsabhängig positiv. Tut man zu lange nichts, bleiben die Erfolgserlebnisse fern. Wieder vom unproduktiven Trott des Faulenzens zurück in den schnellen und arbeitsintensiven Alltag zurückzufinden erfordert viel (Selbst-)Disziplin. Fehlende Entspannungsphasen im Leben sind aber ebensowenig positiv für einen menschlichen Organismus. Auf lange Zeit bricht die Produktivität ein und endet womöglich in einem Burnout. Die beste und ausgewogenste Lösung ist deshalb eine gesunde Mischung aus Arbeit und Vergnügen, wie auch ein bekanntes Sprichwort verlauten lässt. Die entspannenden Ruhephasen verleihen den Arbeitsphasen wieder mehr Kraft und bieten die Freude, nach der Arbeit wieder eine Pause einlegen zu können.

Gliederung

Einleitung narrativ
Teil 1 berichtend Innerer Schweinehund als visualisierte Form des faulseins
Teil 2 dialogisch Prokrastination
Teil 3 narrativ Was ist eigentlich Faulenzen?
Teil 4 Faulenzer sind kreativ?/Kreative Phase
Teil 5 darf man Faulenzen? – Ruhephase, ausgleiche zum Alltag
Schluss Faulenzen je nach Situation Positiv, zu viel negativ, senkt die produktivität
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