Bahn-Review: Mitfahrt in einem renovierten Altfahrzeug (Baureihe 612)

2021-05-18

Aussenfront eines Bombardier Regio-Swinger, DB-Baureihe 612 in bwegt-Lackierung Die Deutsche Bahn hat sich hier bei der Sanierung wirklich viel Mühe gegeben. Den Originalzustand kenne ich auch noch von diversen Fahrten in den Regionalexpressen auf der Illertalbahn aus und gen Oberstdorf (häufig mit Zugteil nach Lindau und Teilung in Kempten). Neben der gelb-weißen Lackierung außen gab es neue, taktile Türöffner-Knöpfe. Hinein geht es über ein paar relativ steile Stufen aufs Wagenniveau. Das Abteil an der Spitze wurde zu einem Bereich für Rollifahrer und Fahrräder umgebaut: Am Rand Klappsitze, Haltestangen und ein dicker (also im Sinne von tief, nicht groß) Monitor zur Fahrgastinformation.

Durch eine relativ schmale, pneumatische Tür (die, die mit dem gelben Knopf aufgehen zischpffftzisch) geht es dann ins Großraumabteil. Auch ist nichts wie es mal war: Die Innenverkleidung wurde komplett erneuert, es gab ein paar Überwachungskameras, Monitore und LED-Lampen in den Gepäckablagen. Von den eierschalengelben Trennwänden kann man dagegen aber halten was man will, ich finde sie eher altbacken und nicht so gelungen. Aber das ist halt das bwegt-Farbschema.

À propos bwegt: Das Fahrgastinfromationssystem liefert leider mehr Multimedia-Radio als Information: Auch wenn ich generell in Zügen die persönlichen Ansagen durch das Zugpersonal schätze, so gibt es auch Sprachcomputer denen ich gerne zuhöre. Der dort verbaute gehört nicht dazu. Dann hier klingt es ziemlich genau nach der schlechten Windows-Standard-Sprachsynthese die da ellenlange Anschlussmöglichkeiten und Bahnhofsnamen ansagt. Die daran anschließende Wiederholung ist dann bitter nötig, denn bei der bescheidenen Satz-Betonung braucht es die meistens auch nochmal. Immerhin tröstet ein von einer echten Person eingesprochener Jingle “Wir fahren im Auftrag für bwegt tüdelü” darüber hinweg. Nicht. Es ist einfach nur nervig, als Tourist mag ich das ja noch ertragen und interessant finden, wer hier diese Bahnverbindung bestellt ausgeschrieben hat. Aber wenn man diese Scheiße jeden Tag zehn mal hören muss (weil an jeder Haltestelle fängt das Gerät natürlich von vorne an das volle Programm abzuspulen) sind mir sogar verrauschte, leise und genuschelte Ansagen lieber, Barrierefreiheit hin oder her, da bin ich hart.

Die Sitze sind auch ein einziges Downgrade: Die Sitzfläche viel zu hart, die Ohrenmuscheln fast inkompressibel. Ich weiß ja nicht wer die testet oder wie viel Geld man mit so bescheidenem Schaumstoff sparen kann - es ist auf jeden Fall kein Komfortzugewinn. Positiv am Platz ist das vorhandene WLAN, Klapptischchen aus grau lackiertem Holz (allerdings ohne Getränkehalter, nutze ich aber eh sehr selten, von dem her egal) ein kleiner 1-Liter-Mülleimer direkt am Doppelsitz.

Die Motorgeräusche sind zwar unüberhörbar, aber dafür macht die Neigetechnik diese Komforteinbuße wieder über eine in meinem Falle stark verringerte Fahrzeit wieder wett.

tüdelü bwegt!

Bewertung

Am Bahnsteig
Lackierung bwegt-Design, auch innen
Türknopf ★★★☆☆
Türakustik ★★★☆☆
Abfahrtsgeräusch n.B.
Einstieg steile, enge Treppe; Rampe vorhanden
Sitzplatz
Beinfreiheit ★★★★☆
Komfort ★★☆☆☆
verstellbar? nein
Tischchen
- 2er-Sitze nicht vorhanden
- 4er-Gruppen ★★★★★
Mülleimer vorhanden, leise
Gepäckablagen ★★★★★
Features
WLAN ☆☆☆☆☆
mobiles Netz n.B.
Steckdosen nicht vorhanden
Toilette n.B.
Infotainment ★★☆☆☆ (Monitorschrift klein, schlechter Kontrast durch grau-weißtöne)
Ansagen ★☆☆☆☆ (automatisch, synthetisch, überfordernder Informationsüberfluss, aufdringliche Werbe-Jingles)
Komfort
Laufruhe ★★☆☆☆ (je nach Fahrtgeschwindigkeit ohrenbetäubende Motorgeräusche)
Interieur Durch Sanierung teils verbaute Fenster, recht düster
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